Wer kümmert sich um HR, während HR sich um alle anderen kümmert?

Personalabteilungen sind das Herz vieler Organisationen. Sie hören zu, vermitteln, gestalten Unternehmenskultur, begleiten Veränderung, sind die erste Anlaufstelle, wenn Belastungen entstehen und sind oft der Puffer zwischen Mitarbeitenden und Führungskräften. Doch wer sorgt dafür, dass diejenigen, die sich um andere kümmern, selbst gesund bleiben? Körperlich, mental und emotional!

Emotionale Intelligenz

Belastungen im HR-Alltag

Eine aktuelle Studie zeigt: Mehr als die Hälfte der HR-Fachkräfte im deutschsprachigen Raum empfinden ihre Tätigkeit als stark belastend. Besonders häufig genannt werden Personalmangel, emotionale Beanspruchung und steigender Erwartungsdruck. Eine Umfrage unterstreicht das: jeder zweite der HR-Verantwortlichen denkt an einen beruflichen Wechsel, 83 % fühlen sich ausgelaugt.
Diese Zahlen belegen, dass HR selbst längst zu einer Hochrisikogruppe gehört, wenn es um ganzheitliche Gesundheit geht. Der Fokus liegt im Alltag fast ausschließlich auf den Bedürfnissen anderer und die eigene Balance bleibt auf der Strecke.

Zwischen Fürsorge und Selbstfürsorge

Empathie, Lösungsorientierung, ständige Erreichbarkeit – das sind Kernkompetenzen im Personalwesen. Doch was passiert, wenn genau diese Kompetenzen zur Dauerbelastung werden? HR-Arbeit erfordert emotionale Präsenz und gleichzeitig sachliche Distanz. Diese Balance ist anspruchsvoll.
Selbstfürsorge ist dabei kein Luxus und schon gar kein Egoismus, sondern eine Form professioneller Haltung. Wer dauerhaft für andere da ist, muss wissen, wie Energie erhalten bleibt. Dazu gehören Grenzen, Reflexionsräume und ein Umfeld, das offen über mentale Gesundheit spricht.

Kultur beginnt dort, wo HR sich selbst ernst nimmt

Viele HR-Abteilungen organisieren Programme zu Stressmanagement, Resilienz, Ernährung oder Achtsamkeit. Doch oft richten sich diese Angebote ausschließlich an andere Bereiche. Dabei wäre genau hier der erste Schritt nötig: die eigene Abteilung zu reflektieren.
Supervision, Coaching oder interne Austauschgruppen können helfen, emotionale Belastungen zu verarbeiten. Entscheidend ist, dass HR nicht nur moderiert, sondern auch Unterstützung erhält. Eine gesunde Unternehmenskultur entsteht erst, wenn jene, die sie gestalten, selbst stabile Rahmenbedingungen haben.

Impulse für die HR-Praxis

1. Bewegung in den Alltag integrieren: Kurze Mobilitätsübungen, Treppen statt Lift oder ein Spaziergang nach oder während Meetings fördern Durchblutung und Konzentration.
2. Bewusst essen und trinken: Eine gesunde und ausgewogene Ernährung sowie ausreichende Flüssigkeit unterstützen Energie und Stimmung.
3. Mentale Pausen einplanen: 5 Minuten bewusste Atmung oder kurze Bildschirmpausen können helfen, das Nervensystem zu regulieren.
4. Teamrituale etablieren: Ein kurzer Wochenrückblick oder Austausch über das aktuelle Energielevel schafft Achtsamkeit im Miteinander.
5. Schlaf als Erfolgsfaktor sehen: Wer ausgeruht ist trifft klarere Entscheidungen und bleibt Stress resistenter.
6. Unterstützung annehmen: Coaching oder Supervision helfen, Belastungen zu reflektieren und Lösungsstrategien zu entwickeln.
7. Zeit für Reflexion: Fragen wie: „Wie geht es mir gerade?“ oder „Worauf habe ich heute Einfluss?“ schaffen Bewusstsein und fördern Klarheit.
8. Austausch suchen: Der Dialog mit Gleichgesinnten schafft Entlastung und neue Perspektiven.
9. Emotionale Selbstführung stärken: Wer lernt, Gedanken und Gefühle bewusst zu steuern, bleibt auch in schwierigen Situationen handlungsfähig.
10. Vorbildfunktion nutzen: Wenn HR offen über Belastungen spricht, sendet das ein starkes Signal an die gesamte Belegschaft.

Warum jetzt handeln?

Die HR-Welt verändert sich aktuell immer rasanter. Digitalisierung, KI, Fachkräftemangel, hybride Teams und Kostendruck erhöhen die Anforderungen an die Personalisten tagtäglich. Gleichzeitig sind Personalabteilungen immer öfter unterbesetzt. Im Endeffekt geraten Menschen, die eigentlich für das Wohlbefinden anderer sorgen sollen, immer mehr an die Grenze ihrer eigenen Belastbarkeit.
Gesundheit ist längst kein Privatthema mehr, sondern ein Wirtschaftsfaktor. Wer seine HR-Teams stärkt, investiert in die Zukunftsfähigkeit des gesamten Unternehmens. Denn wenn diejenigen, die sich um andere kümmern, ausfallen, gerät das soziale Fundament der Organisation ins Wanken.

Die Frage „Wer kümmert sich um HR?“ ist längst kein rhetorischer Gedanke mehr, sondern ein Weckruf. Es braucht klare Strukturen, regelmäßige Reflexion und Führung, die die Bedürfnisse der Personalabteilung ernst nimmt. Nur so können HR-Teams langfristig ihre tragende Rolle erfüllen.

Autorin: Helga Gruber

Jetzt Newsletter abonnieren...

…und keine spannenden HR-Themen und HR-Events verpassen