Krankmeldung nach Kritikgespräch

Ein Mitarbeiter ist nach einem Kritikgespräch mehrere Tage krankgeschrieben. Ist er „nur" gekränkt – oder können Menschen wirklich wegen Kritik krank werden?
Die Studie von Swica (2022) zeigt: 57 % aller psychisch bedingten Krankschreibungen werden durch Konflikte ausgelöst.

Krankmeldung nach Kritikgespräch

Doch ein Kritikgespräch ist nicht automatisch ein Konflikt. Warum sich Kritik dennoch schnell zu einer belastenden Erfahrung entwickeln kann, erklären mehrere psychologische Mechanismen:

  • Selbstkonzept-Bedrohung: Kritik kann unser Selbstbild angreifen. Je stärker unsere Identität mit der Arbeit verbunden ist, desto härter trifft es. Das Resultat: defensive Reaktionen wie Abwehr, Rechtfertigung oder Rückzug.
  • Negativity Bias: Unser Gehirn speichert negative Rückmeldungen stärker als positive. Ein einziger negativer Satz kann tagelang nachwirken. Folge: Grübeln welches wiederum zu psychischen Belastungen führt.
  • Sozialer Schmerz: Neurowissenschaftliche Studien zeigen, dass Kritik dieselben Hirnareale aktiviert wie körperlicher Schmerz. Kritik trifft nicht nur den Kopf, sondern auch den Körper. Spürbar etwa als Verspannung, Druck im Bauch oder Schlafstörungen.

"Fazit"

Kritikgespräche können krank machen – nicht wegen des Inhalts, sondern der Art wie sie geäussert werden.

Tipps zur Risikominimierung:

  • Verhalten statt Person kritisieren.
  • Direkt und gleichzeitig wertschätzend kommunizieren. Wie genau, zeigt dir die Abbildung.

Doch auch der Empfänger kann dazu beitragen, Kritik konstruktiv anzunehmen und sie nicht als Bedrohung, sondern als Entwicklungschance zu sehen. Da kann helfen:

1. Aktives Zuhören
Den Fokus auf den Feedbackgeber richten, statt auf die eigene Verteidigung.
Praktische Techniken:

• Paraphrasieren: „Wenn ich dich richtig verstehe, meinst du…"
• Nachfragen: „Kannst du mir ein konkretes Beispiel geben?"
• Zusammenfassen: „Also würdest du dir wünschen, dass ich…"

2. Stressreaktionen bewusst wahrnehmen und regulieren
Aufkommende körperliche Signale wie Herzklopfen, Anspannung oder flache Atmung erkennen. Aktiv regulieren durch:

• Tiefe, gleichmäßige Atemzüge
• Aufrechte, offene Körperhaltung

3. Bewusstsein über subjektive Wahrnehmung
• Feedback ist nicht die absolute Wahrheit, sondern die individuelle Konstruktion der Realität des Feedbackgebers.
• Hilft emotionale Distanz zu wahren und Kritik als Informationsquelle statt als Urteil über die eigene Person zu sehen.

4. Konstruktive Reflexion
• Was kann ich dadurch verbessern oder lernen?
• Welcher Teil der Kritik könnte wahr oder nützlich sein?
• Was sehe ich durch die Kritik, was mir vorher verborgen war?
• Was liegt in meiner Kontrolle, was kann ich anpassen?

Manche Themen machen sofort Sinn und lassen sich direkt umsetzen. Andere brauchen etwas Zeit, um wirklich verstanden und integriert zu werden. Auch das ist vollkommen normal. Es kann sehr hilfreich sein, sich in solchen Momenten mit einer neutralen Person oder einem Coach auszutauschen. Das kann emotional entlasten und schützt vor endlosem Grübeln.

Autorin: Marina Bühlmann

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