Warum Teamentwicklung oft scheitert, bevor sie beginnt

HR-Abteilungen und Führungskräfte organisieren mit viel Engagement Teamentwicklungsmaßnahmen. Zeit, Budget und gute Absichten sind vorhanden. Und doch passiert es immer wieder: Das Training beginnt – und das Team ist innerlich bereits ausgestiegen.

Das ist keine Ausnahme, sondern eher die Regel. Die Ursachen liegen selten im fehlenden Willen zur Entwicklung, sondern häufig in strukturellen Denkfehlern. Drei davon begegnen mir in der Praxis besonders häufig.

Emotionale Intelligenz

1. „Fake-Teamentwicklung“: Wenn das Format nicht zum Ziel passt

Was stellen Sie sich vor, wenn Sie den Begriff Teamentwicklung hören? In der Praxis werden darunter sehr unterschiedliche Formate zusammengefasst.

Dazu gehören Informationsveranstaltungen zu Themen wie Gewaltfreie Kommunikation, DEI oder Unternehmensstrategie. Diese Inhalte sind wichtig – keine Frage. Doch häufig geht es dabei um Wissensvermittlung, nicht um gemeinsame Reflexion oder konkrete Arbeit an der Zusammenarbeit im Team.

Auch Spaß- und Erlebnisformate wie Escape Rooms, Lego-Workshops oder Outdoor-Aktivitäten sind beliebt. Sie fördern Kreativität und Austausch, bleiben jedoch oft auf der individuellen Ebene oder bei einer „lustigen gemeinsamen Zeit“. Die entscheidende Frage bleibt unbeantwortet: Was verändert sich dadurch konkret im Arbeitsalltag? Wie entwickeln sich Kommunikation, Feedback, Rollenverständnis oder Zusammenarbeit nach dem Training weiter?

Ähnliches gilt für gemeinsames Essen, Ausflüge oder Teamevents. Beziehungspflege ist wertvoll – aber sie löst keine Konflikte, klärt keine Erwartungen und verbessert nicht automatisch die Zusammenarbeit. Das darf nicht als Teamentwicklung bezeichnet werden.

Echte Teamentwicklung beginnt dort, wo Dialogformate Raum bekommen: strukturierte Gespräche über Rollen, Kommunikation, Führung und gemeinsame Ausrichtung – mit dem Ziel, konkrete nächste Schritte zu vereinbaren. Diese Dialoge starten nicht erst im Workshop, sondern bereits davor, in der Bedarfsanalyse.

Es geht dabei nicht um ein Entweder-oder. Aber Klarheit ist entscheidend: Welches Ziel wird verfolgt – und welches Format zahlt tatsächlich darauf ein?

2. Fehlende Bedarfsanalyse: Entwicklung ohne Diagnose

Teamentwicklung ohne Bedarfsanalyse ist wie eine medizinische Behandlung ohne Diagnose. Trotzdem wird dieser Schritt häufig übersprungen oder auf ein kurzes Vorgespräch reduziert.

Eine Bedarfsanalyse muss weder kompliziert noch lang sein. Sie soll bestehen aus: erstens, Gesprächen mit der Führungskraft, und zweitens, kurzen Einzelinterviews mit Teammitgliedern, oder einer strukturierten Befragung.

Entscheidend ist: Beide Perspektiven müssen gehört werden. Wer ausschließlich Führungskräfte befragt und das Team ausklammert, übersieht oft zentrale Dynamiken. Nicht selten weiß das Team sehr genau, wo es hakt – und warum.

Wenn Teams von Anfang an einbezogen werden – in Themen, Fragestellungen und Erwartungen – entsteht etwas anderes: Beteiligung statt Widerstand. Teamentwicklung wirkt dann, wenn Menschen merken: Es geht um uns. Nicht über uns.

3. Fehlendes Commitment nach der Maßnahme

Viele Teams denken bereits vor dem Training: „Schon wieder ein Workshop – und danach ändert sich doch nichts.“ Diese Skepsis kommt nicht von ungefähr.

Teamentwicklung ist kein magischer Raum, in dem innerhalb weniger Stunden plötzlich Vertrauen entsteht. Sie zeigt vor allem eines: dass Veränderung möglich ist. Und diese beginnt selten in der Komfortzone – und braucht Zeit.

Nachhaltige Wirkung entsteht nur, wenn alle Beteiligten Verantwortung übernehmen. Für Führungskräfte bedeutet das, ehrlich auf Motivation, Konflikte und die eigene Wirkung zu schauen und bereit zu sein, Veränderungen aktiv zu begleiten – auch im eigenen Führungsstil. Für Teams bedeutet es, sich einzubringen, Feedback zuzulassen und das eigene Verhalten zu reflektieren.

Teamentwicklung ohne Offenheit bleibt eine gut moderierte Vorlesung. Mit Offenheit wird sie zur Arbeit am System. Ohne Mut keine Tiefe. Ohne Tiefe keine Entwicklung. Und ohne Entwicklung keine nachhaltige Veränderung.

Key Learnings

1) Teamentwicklung ist kein Wohlfühlformat. Jede nachhaltige Veränderung beginnt mit dem Verlassen der Komfortzone – für Führungskräfte ebenso wie für Teams.

2) Nur Dialogformate mit konkreten nächsten Schritten entfalten Wirkung. Reden oder Zuhören allein reicht nicht – es braucht Klarheit, Vereinbarungen und Umsetzung.

3) Teamentwicklung beginnt bereits vor dem Training – bei der Bedarfsanalyse. Je genauer hingeschaut wird, desto gezielter und wirksamer wird die Maßnahme.

4) Commitment entsteht durch Beteiligung. Führungskräfte müssen Teams ermöglichen, Teamentwicklung aktiv mitzugestalten – nicht nur daran teilzunehmen.

5) Führungskräfte und Teammitglieder müssen sich gemeinsam auf den Transfer in den Alltag einigen – zum Beispiel in Bezug auf Kommunikation, Feedback, gelebte Werte und Rollenverteilung. Kein Commitment, insbesondere seitens der Führungskraft bedeutet keine Ergebnisse – und langfristig auch kein Vertrauen in das Unternehmen.

Autorin: Mariana Sygin, Inhaberin: Team Excellence Experience

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